Wir haben SIE gemacht: die weltberühmte Pierre Saint Martin Traverse. Die lange Variante über den Eingang SC3 zum Ausgang nach dem Salle de la Verna. Für jeden, dem das bisher nichts sagt, seien hier ein paar Fakten genannt: Die Gesamtganglänge der Großhöhlen im Karstgebiet des Pierre Saint Martin beträgt an die 420 km! Das PSM-System an sich hat derzeit 87 km Länge und -1350 m Höhendifferenz. Nicht zu vergessen ist noch ein anderer Superlativ: Der Salle de la Verna ist einer der größten Hohlräume der Welt mit über 250 m kugelförmigem Radius! Mit der 9,6 km langen und -1054 m tiefen Traverse von SC3 -> Verna ermöglicht das System eine der längsten und tiefsten Traversen weltweit.
Die Durchführung dieser Traverse ist eine ernste Sache und grenzt an Expeditionscharakter.
Monate vorher muss man sich bei der ARSIP eine Genehmigung einholen und ein Zeitfenster festlegen. Monate vorher sollte man sich auch mit der nötigen Ausrüstung auseinandersetzen: knapp 500m Seil, ca. 40 Befestigungen, Neoprenausrüstung, wasserdichte Verpackungen, Erstehilfe-Set, Verpflegung, etc. und sich auch mit örtlichen Geographie vertraut machen.
Dann geht es - sofern das Wetter mitspielt los:
Tag 1: Erkunden des Ausgangs sowie Teilbegehung der großen Hallen - um bei der Traverse den richtigen Weg auf Anhieb zu finden. Tatsächlich ist das "Sich Verlaufen" in den gigantischen Großräumen eines der höchsten Gefahrenpotentiale bei der Traverse. (Dauer ca. 10 Std.) Völlig wortloses Bestaunen der GIGANTISCHEN Hallen am Ende des Höhlensystems. La Verna, Salle Chevalier, Le Metro...einfach unbeschreiblich.
Tag 2: Anmarsch und Finden des SC3 Höhleneingangs im gigantischen Karstplateau des Pierre Saint Martin. Einbauen der Schächte bis auf 370 m Tiefe. (Dauer ca. 6 Std. + 1,5 Std. Anmarsch) Die Schächte sind perfekt eingerichtet mit Klebehaken, durchwegs großräumig und stellen eigentlich keine großen Probleme dar.
Tag 3: Pause....
Tag 4: Tag der Warheit und Hoffen, dass der Tunnel du Vent "offen" ist! Stabiles Wetter ist jetzt überlebenswichtig! 1,5 Std. Anmarsch...dann geht's erst los....
Durch die bereits perfekt eingebauten Schächte seilt sich relativ entspannt ab. Die Schächte sind durchwegs großräumig und wunderschön aus dem Gestein geschliffen. Man verläßt für ca. 1 - 1,5 Std. das Seil nicht - am Grund des letzten und zugleich´späktakulärsten Schachtes, dem "Liberty Bell" glüht bei allen der Simple....
Danach wird es kurz etwas enger, bis man durch einige Mäander und Engstellen den Bachlauf des Bassaburuko erreicht. Diesen Zulauf zum Hauptfluss verfolgt man für ca. 3-4 Std., um den Salle Cosyns zu erreichen, wo auch die Schächte von Tete-Sauvage-Eingang von oben kommen. Im Nachhinein betrachtet, stellt dieser Abschnitt einen der Reizvollsten dar: Die Lampen leuchten hier die Raumdimensionen noch voll aus. Immer wieder findet sich schöner Sinter und etliche Kletterpassagen machen die Strecke kurzweilig. Ohne die angebrachten Wegweiser (Reflektoren) wäre die Wegfindung praktisch ausgeschlossen!
Nach dem Salle Cosyns wird der Weg linearer, das Wasser immer mehr und es gilt einige fix eingebaute Seil- auf und Abstiege zu bewältigen, ehe man Richtung Salle Susse wandert. Kurz vorher trifft sich der Zufluss des "Max Cuderec" mit dem Bassaburuko und das Wasser wird bedeutend mehr. Am ehemaligen Biwak "Tahiti" heißt es Neopren anziehen. Gleich danach geht es voll ins kalte Nass - ehe man eben im Salle Susse zum ersten mal über gewlatige Blockberge wandert.
Danach geht es in den wohl schönsten Teil der Traverse: den Grand Canyon.
Für 2,6 km wandert man im seichten Bachlauf auf schönen Kieseln und Sandböden durch die eindrucksvolle unterirdische Schlucht. Bei 2 - 10 m Breite hat der Grand Canyon dabei Durchschnittlich 100 m Höhe! Immer wieder wird das Wasser aber auch Bauchtief - so das man auf dieser Strecke permanent gegend die Nässe und Kälte ankämpfen muss. Irgendwann verläßt man den Grand Canyon um über die Galerie des Marmittes (Strudeltopfgang) die
Grande Corniche zu passieren. Hierbei quert man eine rießige Schlucht an einem nur 80 cm breiten Felsband entlang. Es folgt die etwas komplexe, aber gut markierte Passage des "Shunt d'Hidalga" und nach drei richtig tiefen Gumpen steht man am Eingang des "Tunnel du Vent".
Das ist zugleich die Schlüsselpassage der gesamten Traverse. Bei Regen, Schneeschmelze oder Gewitter siphonniert der Tunnel du Vent und man muss den ganzen Weg zurück, was
an einigen Stellen gegen Strömung und Höhenmeter äußerst unangenehm werden könnte.
Jetzt heißt es Zähne zusammenbeissen: 70 Meter Schwimmstrecke am Führungsseil im eiskalten Wasser - ca. 30 cm Luft nach oben zur Decke und ein alles übertosender Höhlensturm........DURCH. Neopren ausziehen. Unterschlaz anziehen. Essen, Trinken.
Kurze Pause!
Dann kommt das große und ermüdende Finale: 5-6 Stunden kraxelt und marschiert man durch die rießigen Hallen des Pierre Saint Martin Flusses, bis man schließlich im Salle de La Verna herauskommt. Salle de Navarre, Salle Casteret, Salle Loubens, Le Metro, Salle Queffelec, Salle Adelie, Salle Chevalier, Salle de la Verna. Wer denkt, hier ist man gleich draußen, hat weit gefehlt. Im Nachhinein sicherlich der härteste Teil der Traverse. Trotz exzellenter Markierungen im Salle Navarre verlaufen - weil alles so gigantisch ist. Manchmal findet man die Durchschlupfe oder rechten Kletterstellen im Blockwerk nicht auf Anhieb... Und eben jene Blockklettereien machen diesen Teil so extrem ermüdend. Mal 150 Höhenmeter da hinauf. DAnn da 200 hinab, dann wieder 50, 70, etc.....endlos. Dann: endlich kommt einem das schwarze Nichts bekannt vor.....wir sind im Salle Chevalier. nur noch 1 Stunde.....dann erreichen wir endlich die Plattform im Salle de la Verna. Wahnsinn. Noch schnell durch den 700m langen Tunnel marschieren. Tür auf und GESCHAFFT! Total erschöpft müssen wir jetzt noch 1,5 Sunden durch die warme Nacht bis zum Auto nach Saint Engrace absteigen. Der totale Knock-Out! Am Auto schlafen wir nach dem verdienten Sieg-Bier vor Erschöpfung erstmal alle ein, bevor wir zurück in unser Quartier fahren.
Tag 5: Ausschlafen!
Tag 6: Schächte ausbauen. (Dauer ca. 6 Std. + 1,5 Std. Anmarsch). Äußerst anstrengende Angelegenheit, da die meisten Seilabschnitte feucht, bzw. nass geworden sind.
Fazit: Fantastisch! Muss man einfach einmal gemacht haben, sonst versteht man diese Aktion nicht!